Die 8 Geschwister von Karl Marx spielten in dessen Leben eine prägende Rolle. Die Kenntnis ihrer Lebensumstände vermittelt ein Bild von dem sozialen, religiösen und kulturgeschichtlichen Umfeld, in dem Karl Marx (1818–1883) aufwuchs und lebte. In der biografischen Literatur über Marx wird häufig behauptet, dass er keine Beziehung zu seinen Geschwistern gehabt habe, dass er der Erstgeborene gewesen sei und anderes mehr. Aus den hier angeführten Quellen ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Selbst die Nichten und Neffen von Marx unterhielten persönlichen und brieflichen Kontakt zur Familie von Karl Marx.
Dieser Artikel befasst sich mit den Geschwistern Mauritz David, Sophia, Hermann, Henriette, Caroline und Eduard Marx. Die anderen Geschwister werden in separaten Artikeln behandelt.
Mauritz David Marx (* 30. Oktober 1815 in Trier; † 15. April 1819 in Trier) war der älteste Sohn von Heinrich Marx und Bruder von Karl Marx.
Mauritz David Marx war der Erstgeborene von Heinrich Marx und seiner Frau Henriette Marx, geb. Presburg. Beide Eltern gehörten der jüdischen Gemeinde Trier an, die vom Großrabbiner Samuel Marx geleitet wurde. Die Geburt zeigten zwei Handwerker (ein Glaser und ein Schreiner) an. Mauritz wurde als Erstgeborener nach 8 Tagen beschnitten. Mit 3½ Jahren verstarb er, die Todesursache ist nicht bekannt. Seinen Tod zeigte der jüdische Handelsmann Jacob Simon Oppenheim an. An der Beerdigung auf dem Jüdischen Friedhof an der Weidegasse seines Neffen Mauritz David hat Samuel Marx teilgenommen. Damit steht auch fest, dass Heinrich Marx zu diesem Zeitpunkt noch nicht getauft war.
Dazu schreibt z. B. Otto Rühle: „Marx war Erstgeborener, einziger Knabe und die Hoffnung der Familie. (…) Zusammenfassend läßt sich sagen: die drei charakteristischen Befunde im Bilde der marxschen Persönlichkeit – schlechte Gesundheit, jüdische Abkunft und erster Platz in der Geschwisterreihe – fallen in einem Punkte zusammen; sie bedingen gemeinsam ein verstärktes Minderwertigkeitsgefühl.“
So nennt Arnold Künzli ein Kapitel seines Buches über Karl Marx: „Der älteste Sohn – ,Gottes Sohn‘.“
Fritz J. Raddatz behauptet: „Von seinen Geschwistern, die übrigens in seinem Leben keine große Rolle spielten, ist wenig bekannt.“
Sophia Marx (* 13. November 1816 in Trier; † 29. Dezember 1886 in Düren) war das zweite Kind von Heinrich Marx und eine Schwester von Karl Marx. Seit dem 12. Juni 1842 war sie mit Willem Robert Schmalhausen (* 17. Januar 1817 in Vaals, Niederlande; † 1. November 1862 in Maastricht), Staatsanwalt (Procurateur), verheiratet.
Sophia Marx, auch Sophie genannt, war die Schwester und Freundin ihres jüngeren Bruders Karl. Sie zeichnete seine Gedichte an den Vater auf und bewahrte später Briefe der Eltern und von Karl Marx auf, die uns Karl Marx in seiner Studentenzeit nahebringen. Welche Schulbildung sie erfuhr, ist nicht bekannt, da keine personalisierten Akten aus dieser Zeit in Trier überliefert sind. Jedenfalls verstand sie Französisch und Niederländisch, wie aus einem Notizbuch hervorgeht. Sophia war auch die Vertraute ihres Bruders und von Jenny von Westphalen. Am 12. Juni 1842 heiratete sie in Trier und zog nach Maastricht. Der Kontakt zu ihrem Bruder wurde von ihr und ihren Kindern aufrechterhalten. So besuchte ihre Tochter Caroline die Familie Marx 1865 in London, und Caroline ist es auch, die Eleanor Marx den berühmten Brief von Marx an seinen Vater vom 10.–11. November 1837 zur Veröffentlichung übergab. Willem Robert Schmalhausen berät Marx in Fragen seiner Erbschaft. Sophia erkrankte und wurde im November 1883 in die „Provinzial-Irrenanstalt“ in Düren gebracht. Aus dem Anamnesebogen, der dort aufgenommen wurde, ist zu entnehmen, dass Heinrich Marx „groß, schwer gebaut, sehr intelligent und eloquent“ war und ihre Mutter „klein, zart, sehr intelligent“.
1983 wurde an dem früheren Wohnhaus von Sophia Schmalhausen in der Boullionstraat in Maastricht eine Plakette angebracht, die an den Aufenthalt von Karl Marx vom 19. März bis 7. April 1865 erinnert.
Dazu schreibt z. B. Isaiah Berlin: „Von den acht Kindern des Ehepaares Heinrich und Henrietta war Karl das zweite, und abgesehen von mäßiger Zuneigung für die älteste Schwester Sophie als Kind, hatte er für seine Geschwister weder in seiner Kindheit noch später allzuviel übrig.“
Richard Friedenthal schreibt: „Gehört es doch zu Marxens Habitus, nicht nur in dieser Familienbeziehung: Unbequeme Tatsachen zu übergehen und von vornherein als gar nicht existent zu betrachten, war eine seiner Eigenheiten, die er auch im Politischen anwandte.“
Hermann Marx (* 12. August 1819 in Nijmegen, Niederlande; † 14. Oktober 1842 in Trier) war das vierte Kind von Heinrich Marx, Kaufmann und Bruder von Karl Marx.
Hermann Marx wurde in Nijmegen geboren, weil seine Mutter Henriette Marx, geb. Presburg, zur Entbindung und vielleicht auch wegen des Todes von Mauritz David Marx (s. o.) bei ihren Eltern Isaak Presburg (1747–1832) und Nanette Cohen (1764–1833) dort weilte. Hermann wurde vermutlich in der Synagoge in der Nonnenstraat in Nijmegen beschnitten. Am 26. August 1824 wurde er mit seinen Geschwistern evangelisch in der elterlichen Wohnung Simeongasse 1070 (heute Simeonstraße 8) in Trier getauft. Seine Taufpaten waren der Anwalt Ernst Dominik Lais und die Frau des Anwalts Barbara Bochkoltz, geb. Sauer. Er wurde zuerst privat von Eduard Montigny, einem Buchhändler, unterrichtet (1828). Er hat nicht das Gymnasium besucht, wie Heinz Monz irrtümlich annahm. 1836 bemühte sich sein Vater um eine Lehrstelle als Handlungsdiener in Frankfurt am Main und Brüssel. Von 1836 bis 1838 war er als „Handlungsbediensteter“ in Brüssel tätig. Am 2. Juli 1839 wird Hermann, auf seinen Antrag, aus dem preußischen Staatsverband entlassen. Erkrankt, kam er 1840 nach Trier zurück und starb dort an „Lungensucht“. Er wurde am 17. Oktober in Trier auf dem evangelischen Friedhof Ruwerer Straße begraben, die Grabrede hielt der Divisionsprediger Carl Wilhelm Rocholl (1805–1876).
Henriette Marx (* 28. Oktober 1820 in Trier; † 3. Januar 1845 in Alstaden, heute Oberhausen) war eine Schwester von Karl Marx. Sie wurde als fünftes Kind von Heinrich Marx und Henriette Marx geboren und war Ehefrau des Architekten und Eisenbahndirektors Arnold Theodor Wilhelm Albert Simons (* 5. Juli 1813 in Soest; † 9. Februar 1863 in Aachen).
Henriette wurde in Trier, im Wohnhaus der Familie Simeongasse 1070 (heute Simeonstraße 8), geboren. Am 26. August 1824 wurde sie in der elterlichen Wohnung in Trier zusammen mit ihren Geschwistern evangelisch getauft. Ihre Taufpaten waren der Anwalt Johann Friedrich Joseph Bockholtz und die Frau eines Anwalts, Anna Maria Schaak, geb. Clemens. Am Palmsonntag 1837 wurde sie in der Dreifaltigkeitskirche konfirmiert. Über ihre Schulbildung ist nichts bekannt. Ihre Schwester Sophia schildert sie gegenüber ihrem Bruder Karl: „… und Jette eben nicht vom liebenswürdigsten Humor“. Nachdem ihr Vater am 10. Mai 1838 gestorben war, wurde ihr Vormund der Anwalt und Freund der Familie Johann Heinrich Schlink. Obwohl Henriette schon an Schwindsucht erkrankt war, wurden die Hochzeitsvorbereitungen mit dem Architekten Theodor Simons im Sommer 1844 vorangetrieben. Auch Jenny Marx wurde davon Zeuge. Treibende Kraft war der Trauzeuge und Divisionsprediger Carl Wilhelm Rocholl, der Onkel des Bräutigams. Die Eheschließung, die für den 28. August geplant war, fand am 3. September 1844 im Trierer Rathaus statt. Ihre Mutter und die Schwestern Louise, Emilie und Caroline wohnten der Trauung bei. Nach der Hochzeit fuhren die Brautleute in der Kutsche in das damalige Dorf Alstaden. Schon am 3. Januar 1845 starb die junge Braut im Alter von 24 Jahren, ohne ihre Familie wiedergesehen zu haben.
Der Witwer Theodor Simons heiratete am 5. Januar 1847 Amalia Margathe Zimmermann (* 3. August 1826 in Saarbrücken, † 8. Juni 1895 in Straßburg). 1861 war er Direktor der Königl. Saarbrücken-Trier-Luxemburg Eisenbahn, Saarbrücken. Er verstarb 1863 als Eisenbahndirektor der Königlichen Aachen-Düsseldorf-Ruhrorter Eisenbahn in Aachen. Aus seiner zweiten Ehe gingen fünf Kinder hervor.
Caroline Marx (* 30. Juli 1824 in Trier; † 14. Januar 1847 ebenda) war das achte Kind von Heinrich Marx und Schwester von Karl Marx.
Caroline wurde in Trier, im Wohnhaus der Familie Simeongasse 1070 (heute Simeonstraße 8), geboren. Am 26. August 1824 wurde sie evangelisch in der elterlichen Wohnung in Trier zusammen mit ihren Geschwistern getauft. Ihre Taufpaten waren der Anwalt Friedrich Wilhelm Rupp und Frau Julie Emmerich, geb. Küppert. Über ihre Schulbildung ist nichts bekannt. Aus Briefen ihrer Schwester Sophia geht hervor, dass sie ihren Bruder Karl liebte. Auch zur Familie von Westphalen hielt sie Kontakt, so z. B. beim Tod von Jenny Marx’ Bruder Carl 1840. Am 12. April 1840 wurde sie in der Dreifaltigkeitskirche in Trier konfirmiert. Durch mehrere Briefe erhielt Karl Marx Informationen über den Gesundheitszustand seiner Schwester. Im Juni 1844 besuchte sie Jenny Marx und ihre Tochter Jenny, als diese in Trier zu Besuch waren. Am 14. Januar starb Caroline an „Schwindsucht“ und wurde am 16. Januar 1847 auf dem Friedhof Ruwererstraße beerdigt.
Eduard Marx (* 7. April 1826 in Trier; † 14. Dezember 1837 ebenda) war das neunte Kind von Heinrich Marx, Schüler und Bruder von Karl Marx.
Eduard wurde in Trier, im Wohnhaus der Familie Simeongasse 1070 (heute Simeonstraße 8), geboren. Am 28. April 1826 wurde er in der elterlichen Wohnung in Trier evangelisch getauft, seine Taufpaten waren der Anwalt Friedrich Wilhelm Rupp und dessen Frau Frederika Dorothea Rupp, geb. Vogt. 1835 wurde Eduard in das Gymnasium zu Trier eingeschult. Durch mehrere Briefe erhielt Karl Marx Informationen über den Gesundheitszustand seines jüngsten Bruders. Seit Juni 1837 war Eduard erkrankt und starb schließlich am 14. Dezember 1837 an „Schwindsucht“. Er wurde am 19. Dezember auf dem evangelischen Friedhof in Trier beerdigt.
Über seinen Tod wurde auch in der Familie von Karl Marx noch lange gesprochen, so dass Marx’ Tochter Eleanor Marx davon noch 1897 berichten konnte.
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